Die Kalte Sophie ist zur Zeit unser Gast, und die römische Märtyrerin bringt Spätfröste als Gastgeschenk. Das ganz und gar nicht liebliche Liebstöckel (lat. levisticum officinale) ist mir erst durch meinen Umzug nach Kärnten, hier Lusstock genannt, ans Herz gewachsen. Die geschmackliche Nähe zur Maggi-Würze, wobei diese kein Liebstöckel enthält, erinnerte mich immer zu sehr an Tütensuppen und Fertiggerichte. Doch ich bitte hiermit das intensive Gewürzkraut um Verzeihung und drehe noch schnell eine Runde durch den Garten, um das frühlingsfrische Kraut vor dem spätwinterlichen Kuss der Kalten Sophie zu bewahren.

Liebstöckel versus Lusstock

Die Gewürzpflanze kann in unserem adriatisch bestimmten Klima locker 1,5 bis 2 m hoch werden. Deshalb musste ich sie aus dem Hochbeet herausnehmen und ihr einen Solitärplatz zugestehen.

Liebstöckel versus Lusstock

Häufiges Ernten ist erwünscht und förderlich. Im Herbst schneide ich die Stengel ca. 20 cm über dem Boden ab, und im Frühjahr sind die frischen Triebe ein erster, leckerer Frühlingsbote. Bei uns in Kärnten habe ich viele Verwendungsmöglichkeiten für Lusstock kennengelernt, wobei nur das frisch geerntete Kraut den vollen Geschmack bereit hält. Es ist neben dem Kärntner Speck die wichtigste Zutat in Kärntner Speckknödeln, die jedem unserer Sommerbesucher, nicht nur jenen aus Deutschland, bergeweise zur Begrüßung aufgetischt werden. Eingefroren oder getrocknet ist das Kraut nahezu langweilig, nur als Salz kann man den Geschmack in akzeptabler Weise konservieren.

Liebstöckel versus Lusstock
Blätter abzupfen, evtl. kurz abwaschen, mit grobem Meersalz mörsern und in Gläser füllen.

Das beliebte, aromatische Kraut kann regional aber noch mehr. Es verfeinert nicht nur Suppen und Eintöpfe. Es bereichert auch Sauerrahm-Dipp zum Stippen von Gemüsestreifen, Gewürzöl zum Grillen von Gemüse oder Fleisch sowie Salatsoßen (hierbei gerne das Meersalz mit Lusstock). Und es wird fein geschnitten in herzhaften Palatschinken, Eierspeisen und Pilzgerichten verbacken.

Liebstöckel versus Lusstock

Ich glaube, ich bin angekommen im Land der Berge und Seen. Vielleicht nicht unbedingt sprachlich und politisch, ganz sicher aber kulinarisch.

Nachtrag:

  • Namensvielfalt: Nusstock (Steiermark), Maggikraut (Deutschland), Matschiruut (Schweiz)
  • Volkstümlich wird Lusstock bei Verdauungsproblemen, Hals- und Ohrerkrankungen sowie zur Schleimlösung verwendet.
  • Die in allen Doldenblütlern enthaltenen Furocumarine sind nicht wasserlöslich, weshalb auch bei Teezubereitungen nicht mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.
  • Allergien sind wie immer nicht ausgeschlossen, sonstige schädliche Nebenwirkungen sind mir nicht bekannt.