Habt Ihr Lust mir in eine verborgene Welt zu folgen? Im Mikrokosmos unter der Oberfläche des Erdbodens gelten nämlich ganz eigene Regeln, die über Gedeih oder Verderb entscheiden.
Alle Pflanzen benötigen ihre spezifischen Bedingungen, um gesund gedeihen zu können. Wichtig sind optimale Lichtverhältnisse und das passende Maß an Wasserzufuhr. Doch ebenso sind die komplexen Eigenschaften und Zusammensetzungen des Oberbodens, der Krume, für das bestmögliche Wachstum allen grünen Lebens verantwortlich. Der Mantel unseres Planeten ist keine tote Materie, sondern ein belebtes Klein-Biotop. Der Bogen spannt sich von massearmen Wüstenböden über feststoffreiche Moore bis in unseren Hausgarten hinein. Um also herauszufinden, warum manch Angepflanztes trotz aller erdenklichen Fürsorge einfach nicht gedeihen will, lohnt es sich die Eigenschaften des vorhandenen Gartenbodens einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Ein erster Hinweis auf die vorliegenden Merkmale einer Erde ist die Bodenfarbe. Für die Färbung und deren Intensität ist das vielfältige Zusammenspiel von chemischen sowie biologischen Prozessen verantwortlich. Die genaue Farbbestimmung erfolgt anhand des sog. Munsell-Farbsystems, welches vom Künstler Albert Henry Munsell in den Jahren 1898 bis 1905 veröffentlicht wurde. Eine grobe Orientierungshilfe sind die Kategorien:
- farblos bis weiß (Quarz) ⇒ reiner Sand
- braun, rot bis gelb ⇒ eisenhaltige Anteile
- schwarz bis grau ⇒ Humus
Und jetzt geht es ab in die Tiefe.

Wenn man die laufenden Veränderungen durch Auswaschung, Verwitterung und menschliche Einflüsse, wie z.B. Verdichtung, nicht berücksichtigt, besteht jede Erde hauptsächlich aus organischen sowie mineralischen Bestandteilen.
Beispiele für organische Bodenbestandteile:
- Humus ⇒ unterliegt einem relativ stabilen, fortlaufenden Auf-, Ab-, und Umbau durch Zersetzung ⇒ aufgrund von Mikroorganismen und den Ausscheidungen und Rückständen von Kleinstlebewesen
- Torf ⇒ organisches Sediment aus abgestorbenen Pflanzenteilen ⇒ entsteht über einen langen Entwicklungszeitraum in Mooren
- Bodenlebewesen
Beispiele für mineralische Bestandteile:
- Sand und Gesteine ⇒ leichter bis schwerer Boden ⇒ grobe Struktur je nach Abschliff
- Kies ⇒ leichter Boden ⇒ grobe Struktur
- Ton ⇒ schwerer Boden ⇒ feine Struktur
Eine weitere Rolle bei der Charakterisierung von Erden spielt die Porenverteilung zwischen den festen Bestandteilen eines Bodens, die durch Wasser, Luft oder Kleinlebewesen gefüllt werden kann. Eine grobe Porung ist vermehrt in sandigem und kieshaltigem Boden zu finden, was eine gute Belüftung zur Folge hat. Feine Porung ist eher in lehmigem oder tonigem Boden anzutreffen und fungiert als guter Wasserspeicher. Optimal wäre ein gleichmäßiges Verhältnis von groben und feinen Poren. Abweichungen machen einen Standort speziell, so dass dort nur diesen Bedingungen angepasste Pflanzen gut wachsen können. Alternativ wären Bodenverbesserungsmaßnahmen. Ich persönlich ziehe es aber vor, das Grün dem Boden entsprechend auszuwählen oder es im Notfall umzusetzen.
Die Stärke der Durchwurzelung und deren Tiefe lassen ebenfalls Rückschlüsse auf die Eigenschaften einer Erde zu. Je mehr feine Wurzeln gebildet werden können, umso besser und schneller kann sich ein neu gepflanztes Gewächs einwurzeln.
Doch wie erkenne ich „gute“ oder „schlechte“ Gartenerde?
Blickkontakt oder Die goldene Regel des aufmerksamen Betrachtens ♦
Fruchtbare Erde schaut locker und krümelig-fein aus. Ein hoher Humusanteil ist an der dunklen Farbe zu erkennen und sollte einen Spatenstich tief in den Boden reichen.
Schnuppern oder Die Nase hat auch ein Wörtchen mitzureden ♦
Humusreiche Erde duftet aromatisch-frisch. Der Geruch ist leicht würzig und erinnert an einen Waldspaziergang im Regen, welcher vorbei an frisch geschlagenem Holz führt. Verantwortlich für diese nasenpoetische Essenz ist ein komplexes Molekül namens Geosmin, das die im Boden lebenden Mikroorganismen produzieren – für mich das feinste Parfum der Welt. Ich verspreche euch, es lohnt sich einmal eine Schnupperprobe Eurer Gartenerde zu nehmen – reflexartige Tanzlust ist in Folge garantiert.
Stöbern oder move it ♦
Die wichtigsten Krabbler und Tummler in der Erde sind Regenwürmer, Asseln, Spinnentiere, Tausendfüßer und Käfer. Sie verarbeiten gemeinsam mit Pilzen, Algen und Bakterien sowohl organische als auch mineralische Bodenbestandteile zu fruchtbarer Erde um, da ihre Stoffwechselleistungen notwendige Mineralien und Nährsalze freisetzen. Auch sorgen sie mit ihren weit verzweigten Gangsystemen für Belüftung, Durchmischung, Entwässerung und somit für eine lockere, krümelige Bodenkonsistenz. Wird dieses kostbare Gleichgewicht durch menschliche Eingriffe, z.B. Pestizide, Insektizide oder Umgraben, gestört, werden die natürlichen Schichtungen und Bodenprozesse durcheinandergewirbelt, so dass Bodenverbesserungsmaßnahmen notwendig werden, um fruchtbaren Humus zu erhalten. Ein unheilvoller Kreislauf nimmt seinen Anfang.

Die Natur macht uns GärtnerInnen vor, wie wir den natürlichen Kreislauf im Boden unterstützen können. So bilden in unseren heimischen Wäldern Gräser, Herbstlaub, Kräuter- und Pflanzenreste eine luftig-lockere Bodenschicht, die durch Verrottungsprozesse sowie Verwesung von Kleinstlebewesen ständig kostbare Nährstoffe liefert. Das Ergebnis ist duftender Humus. Gerade jetzt im Herbst und Winter macht es also Sinn den eigenen Garten ruhen zu lassen und still zu genießen – aufmerksam und schlicht.
Und dann könnt Ihr es erschnuppern – das Parfum einer leidenschaftlichen GärtnerIn.
10. Juli 2022 at 21:30
Wunderbar be- und geschrieben. Eine Anmerkung: Gibt es ‘schlechte’ Erde wirklich? Mein Gefühl sagt mir, dass man nur die dazu passenden Pflanzen verwenden müsste – dann passt’s wieder 💚 Eine für mich wirklich schlechte Erde: Massigst überdüngt – und jedes Jahr aufs Neue wird wieder Bodenaktivator und Co draufgeschmissen. Alles Liebe und bis bald 💚🙋🏽♀️
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11. Juli 2022 at 19:10
Das sehe ich inzwischen auch so. Noch vor einigen Jahren ging es stets um humusreich, locker und mikroorganismenreich. Inzwischen orientiere ich mich nur an den Bedürfnissen der Pflanze und suche dann den passenden Boden im Garten. Ich dünge selten und Bodenaktivator benutze ich gar nicht. Bis jetzt klappt das prima. Bis bald 🙋🏼♀️🦋
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8. Januar 2018 at 16:38
Sehr nützlich.
Vielen Dank für den Beitrag.
Lg aus Wien
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8. Januar 2018 at 21:21
Bitte, sehr gerne 😊. Grün-bunte Grüße von gartenkuss 🌼🍃🌸🍀
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30. Dezember 2017 at 14:21
Oh Gartenkuss, bei Dir habe ich mich auf Anhieb zuhause gefühlt! Werde auch Kompostfee oder Maulwurf genannt. Experimentiere gerade mit Bokashi um Terra Preta fürs Treibhaus herzustellen.
Werde mich mit Vergnügen durch deine anderen Beiträge grubbern.
Herzlich
Zaunkönigin
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30. Dezember 2017 at 16:10
Ich danke dir für deinen lieben Kommentar 😊. Grün-bunte Grüße von gartenkuss 🙋🍃🌼🌳🌻🍀
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17. Dezember 2017 at 15:37
Jetzt muss ich aber besser auf die „nasenpoetische Essenz“ achten (meine Beine wollen auch schon gleich mit dem Tanzen beginnen). :-)
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17. Dezember 2017 at 16:54
😊 ~ Auftrag erfüllt 🍀. Wünsche dir einen schönen Sonntagabend. LG von gartenkuss 🙋🌿🍃🌳🍀
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1. Dezember 2017 at 16:24
Klasse Beitrag und ich liebe ohnehin den Mikrolosmos hinter den Pflanzen, auch als Fotograf ;-)
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1. Dezember 2017 at 18:10
😊 … und es gelingt dir wunderbar die kleinste aller Welten abzulichten. LG zum Abend von gartenkuss 🙋🌓❄
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30. November 2017 at 20:12
Danke fuer diesen aufschlussreichen Artikel.
LG,
Pit
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1. Dezember 2017 at 5:56
Freu mich, wenn er dir gefallen hat 😊. LG und einen wunderschönen Tag. Liegt bei euch auch schon Schnee? 🙋🌓❄💧
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